Die Heilung vom Leiden (Teil 2)

Wenn du gekommen bist, um einen Menschen anzuhören, von dem man behauptet, er vermittle die Weisheit, so hast du den falschen Weg gewählt; denn wirkliche Weisheit lässt sich nicht durch Bücher oder Reden vermitteln. Die wirkliche Weisheit liegt in der Tiefe deines Bewusstseins, so wie die wahre Liebe in der Tiefe deines Herzens ruht.

Wenn du gekommen bist, aufgestachelt von Verleumdern und Heuchlern, um diesen Menschen anzuhören, nur damit dir das, was du hörst, später als Argument gegen ihn dienen kann, so hast du den falschen Weg gewählt. Denn dieser Mensch ist weder hier, um irgend etwas von dir zu verlangen, noch, um dich auszunutzen, denn er braucht dich nicht.

Du hörst einem Menschen zu, der die Gesetze nicht kennt, die das Universum regieren, der nichts von den Gesetzen der Geschichte und den Beziehungen, die unter den Völkern herrschen, weiß. Dieser Mensch wendet sich – weit weg von den Städten und ihrem krankhaften Ehrgeiz – an dein Bewusstsein. Dort in den Städten, wo jeder Tag ein Streben bedeutet, das vom Tod vereitelt wird, wo Hass der Liebe folgt und Rache der Vergebung; dort in den Städten der Armen und Reichen, dort auf den weiten Feldern der Menschen, hat sich ein Schleier des Leidens und der Traurigkeit ausgebreitet.

Du leidest, wenn der Schmerz an deinem Körper nagt. Du leidest, wenn der Hunger sich deines Körpers bemächtigt. Aber du leidest nicht nur an den unmittelbaren Schmerzen deines Körpers, nicht nur am Hunger, den dein Körper empfindet. Du leidest gleichermaßen an den Folgen der Krankheiten deines Körpers.

Du musst zwei Arten von Leiden unterscheiden: einerseits das Leiden, das in dir aufgrund der Krankheit entsteht – und dieses Leiden geht dank dem Fortschritt der Wissenschaft zurück, ebenso wie der Hunger zurückgehen kann, wenn Gerechtigkeit herrscht. Es gibt andererseits eine Art von Leiden, die nicht von den Krankheiten deines Körpers abhängt, sondern sich von ihnen herleitet: Wenn du körperlich behindert bist, wenn du nicht sehen oder hören kannst, so leidest du. Aber obwohl sich dieses Leiden von deinem Körper ableitet oder von den Krankheiten deines Körpers, so entspringt es doch eigentlich deinem Geist.

Es gibt eine Art von Leiden, das weder aufgrund des Fortschritts der Wissenschaft noch aufgrund des Fortschritts der Gerechtigkeit zurückgehen kann. Diese Art von Leiden, das ausschließlich in deinem Geist ist, geht aufgrund des Glaubens zurück, aufgrund der Lebensfreude, aufgrund der Liebe. Du musst wissen, dass dieses Leiden immer aus der Gewalt stammt, die es in deinem eigenen Bewusstsein gibt. Du leidest, weil du das zu verlieren fürchtest, was du besitzt, oder weil du bereits etwas verloren hast oder weil du etwas verzweifelt zu erreichen suchst. Du leidest, weil du etwas nicht haben kannst oder weil du ganz allgemein Angst hast ... Das sind die großen Feinde des Menschen: die Angst vor der Krankheit, die Angst vor der Armut, die Angst vor dem Tod, die Angst vor der Einsamkeit. Alle das sind Leiden deines Geistes selbst. Sie alle verraten die innere Gewalt, die Gewalt, die in deinem Geist vorhanden ist. Beachte, dass sich diese Gewalt immer aus dem Verlangen herleitet. Je gewalttätiger ein Mensch ist, desto niedriger ist sein Verlangen. 


Fotos: Silo bei seiner ersten öffentlichen Rede, Punta de Vacas 1969


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